24.09.2021

Seminarwochenende der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Bad Kissingen

Was haben Jeff Bezos, Elon Musk und Julius Caeser gemeinsam? Geld, Einfluss und vor allem eine Vision für die Zukunft. Auch wir von der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) sind am Wochenende vom 3. bis 5. September im Heiligenhof in Bad Kissingen zusammengekommen, um unsere Vision der SJD in den nächsten Jahren zu diskutieren und zu erarbeiten.

Das Seminarwochenende begann nach teils langer und von Verkehrsproblemen geplagter Anreise mit einer kleinen Vorstellungsrunde, gefolgt von einem gemütlichen Beisammensein am Abend. Samstagsmorgens begann dann der erste Redner des Tages. Haro Schuller, Ex-Bundesjugendleiter der SJD 1992-1995, startete direkt nach der Eröffnung durch SJD-Bundesjugendleiter Fabian Kloos das Seminar mit einem Vortrag über die Entstehungsgeschichte und die Anfänge der SJD. Dabei stellte sich vor allem heraus, dass sich die Probleme in der Anfangszeit zum Teil stark mit den heutigen Herausforderungen der SJD überschneiden. Auch zu Gründungszeiten fragte man sich bereits, wie man die siebenbürgisch-sächsische Kultur zeitgemäß erhalten kann. Damals war allerdings noch ein zusätzliches Hindernis vorhanden: die Kommunikationswege. Zwischen vielen regelmäßigen Treffen musste das Fax als Hauptkommunikationsmittel herhalten, was Absprachen und Entscheidungen um einiges schwieriger machte. Auch die Öffentlichkeitsarbeit unterschied sich stark von der heutigen Struktur. Dienen heute Zeitung, Instagram, Facebook etc. als Publikationsorgane, so fand ein Großteil der Öffentlichkeitsarbeit damals über Mundpropaganda in den Tanzgruppen und natürlich über die Siebenbürgische Zeitung statt. Zum Abschluss seiner Rede bekundete er nochmals seinen Stolz auf die SJD, nun nach fast 35 Jahren immer noch auf eine so engagierte Gemeinschaft blicken zu dürfen.

Doch nicht nur Haro Schuller richtete seine Worte an die Teilnehmenden. Nach einer langen Fragerunde, die aufgrund des großen Interesses der Teilnehmenden den zeitlichen Rahmen der Veranstaltung zu sprengen drohte, übernahm ein weiterer ehemaliger Bundesjugendleiter der SJD, Elmar Wolff (2010-2014), das Wort. Sein Erfahrungsbereich bezog sich auf das „Mittelfeld” in der Geschichte der SJD und so berichtete auch er über die Gedanken und Ziele der SJD zu seiner Amtsperiode. Ein großes Augenmerk legten die damaligen Vorstände darauf, ihren Mitgliedern Informationen zukommen zu ­lassen und die bereits bestehenden großen SJD-Veranstaltungen (Vorbereitungsseminar, Volkstanzwettbewerb) weiterzuführen. Dabei kam es immer wieder zu Komplikationen in der Einarbeitung neuer Ideen. Elmar beschrieb die Situation als „Informationenüberfluss ohne die notwendigen Ressourcen zu deren Verwirklichung“. 

Es war bereits aufwendig, Etabliertes beizubehalten und zu optimieren, und so konnten nicht alle neuen Ideen ausprobiert werden. Doch das hat sie nicht davon abgehalten, sich für das bereits Bestehende einzusetzen und die großen SJD-Veranstaltungen, wie wir sie heute kennen, maßgeblich mitzugestalten. Zum Schluss ließ auch Elmar es sich nicht nehmen, noch einmal die Vorstandsarbeit und die Gemeinschaft in der SJD zu loben.

Nach diesmal taktisch verkürzter Rückfragerunde übernahm Robert Sonnleitner, Online-Referent im Bundesvorstand des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., den dritten Vortrag des Tages. Robert begann seinen Vortrag mit einer Einführung in die Geschichte der offiziellen Internetseite des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und einer ihrer Vorgänger, der als „Treff“ für diejenigen, die nicht bereits in Tanzgruppen oder Kreisgruppen verkehrten, gedient hat. Sehr beeindruckend zu erfahren war, dass Siebenbuerger.de damals nur kurz nach Google.com zum ersten Mal gelauncht wurde und sich seitdem konstant weiterentwickelt hat. Vor allem in den letzten Jahren und mit dem Umstieg auf ein responsives Design hat sich die Website des Verbandes erheblich verbessert. Weiterhin werden ständig neue Features implementiert, um die Nutzung der Seite auch für die Zukunft immer weiter zu verbessern.

Nach dem Mittagessen übernahm ein langjähriges Mitglied und Pfeiler der SJD der letzten Jahre, Bettina Mai, stellvertretende Bundesjugendleiterin 2010-2019, das Wort, um die vorangegangene Veranstaltung, die Strategiesitzung der SJD 2015, noch einmal Revue passieren zu lassen. Dabei ging sie vor allem auf die Problematiken in der Umsetzung der damals gesteckten Ziele ein. Viele davon wurden bzw. konnten nicht umgesetzt werden. In einem gemeinsamen Gespräch wurde die damalige Vorgehensweise hinterfragt und aufgearbeitet. Dabei lag vor allem der Fokus auf der Umsetzung des Geplanten. Weiterhin führte sie erneut die Inhalte des Zukunftsworkshops 2019 auf, der ebenfalls in gemeinsamer Runde noch einmal besprochen und nachbearbeitet wurde.

Bettina übergab das Wort im Anschluss an den letzten Redner des Seminars, René Buortmes, seit 2017 stellvertretender Landesjugendleiter Bayern. Unter Renés Leitung wurde eine Diskussionsrunde zur aktuellen Situation der SJD geführt. Dabei wurde vor allem die Vorstandsarbeit während der Covid-19-Pandemie in den Vordergrund gestellt. Die SJD hat in dieser Zeit, wie so viele andere Vereine auch, einige Umstellungen mitmachen müssen und den Großteil ihres Programms in digitaler Form durchgeführt. Zwar fand sie mit großen Veranstaltungen wie dem digitalen Heimattag oder auch kleineren Veranstaltungen wie dem FIFA-Turnier großen Anklang bei ihren Mitgliedern, aber ein großes Manko bleibt René zufolge bestehen: „Die Leute haben keine Lust mehr auf Online.“ Dabei waren sich alle einig, dass die aktuelle Situation sich nicht treffender beschreiben lässt. Dies wurde besonders untermalt von Bettina Mais Aussage, „dass unsere Gemeinschaft vom direkten Kontakt lebt. Online kann man das vielleicht simulieren, aber es eben nicht ersetzen.“ Viele Gedanken wurden sich zu Präsenzveranstaltungen gemacht, um ein tatsächliches Miteinander wieder zu ermöglichen, doch auf deren Umsetzbarkeit konnte aufgrund des zeitlichen Rahmens nicht mehr eingegangen werden.

Mit dem Ende der Reden begann nun der aktivere Teil des Seminars: eine Erstellung von Zielsetzungen und Arbeitsweisen in den SJD-Vorständen. Dabei wurden die Teilnehmenden auf insgesamt fünf verschiedene Stationen aufgeteilt, um eben diese Zielsetzungen auszuarbeiten. Die Stationen waren in verschiedene Fragestellungen eingeteilt. In der ersten dieser Stationen sollte die Urmotivation der SJD erarbeitet werden. Dabei sollten sich die Teilnehmenden überlegen, warum eigentlich die SJD damals ins Leben gerufen wurde und welche Ambitionen und Ziele dahintersteckten. Die zweite Station befasste sich mit den Werten der SJD, kurz gesagt, wofür sie steht. Dabei wurde unter den Teilnehmenden vor allem auch zum selbstkritischen Denken aufgerufen, sodass sich das Meinungsspektrum nicht rein positiv herausstellte. Weiter ging es mit den Leitlinien der SJD. Hier befassten sich die Teilnehmenden mit der Außenwirkung der SJD, also wie die SJD von außen wahrgenommen werden soll. Auch hier bildete sich ein weites Spektrum an Meinungen. Die vierte Station beschäftigte sich mit der Mission der SJD, ihrer Aufgabe. Hierbei ließen sich auch so manche Uneinigkeiten in den Meinungen der Teilnehmenden erkennen. Zu guter Letzt lag bei der fünften Station das Hauptaugenmerk des Workshops: die Vision der SJD. Die Teilnehmenden wurden danach gefragt, wo sie die SJD in fünf Jahren sehen. Dabei durften diese Ziele utopisch gewählt werden, was zu beachtlichen Vorschlägen führte. Aus dieser Masse an mehr als 100 gesammelten Ideen und Vorschlägen wurden dann im Verlauf des Abends die Besten gesammelt und für die Ausarbeitung am nächsten Tag vorbereitet.

Der Workshops wurde am Sonntagmorgen in einer großen Plenumsrunde fortgesetzt. Besonders große Aufmerksamkeit wurde dabei den möglichen Visionen der SJD für die nächsten Jahre gewidmet. Dabei schien bei allen Vorschlägen eine Gemeinsamkeit vorhanden zu sein: Die SJD soll bekannter und attraktiver für neue Mitglieder werden. „Jeder Siebenbürger kennt die SJD und weiß, was sie tut“, das scheint wohl die offensichtlichste Vision zu sein, die diesen Aspekt hervorhebt. Großen Anklang bei den Teilnehmenden fand auch die Vision: Tanzgruppenreisen mit Kulturfokus. Ebenso populär wie auch wünschenswert scheint die Vision zu sein, dass Kinder mit der SJD aufwachsen. Natürlich wurden die Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Ziele bereits grob besprochen, doch steht nun noch aus, dass die Teilnehmenden das Ausgearbeitete noch in ihre jeweiligen Vorstände mitnehmen und unabhängig an deren Umsetzung arbeiten.

Zwischen Workshops und Vorträgen wurde vor allem der Austausch zwischen dem Bundesvorstand und den Landesvorständen gefördert, sei es nun das Sammeln von Ideen in den Pausen zwischen den Programmpunkten oder der gemütliche Austausch am Abend über die Jugendarbeit. Ein Ziel des Seminars konnte somit bereits erreicht werden. Über die nächsten Jahre wird sich herausstellen, wie viel noch umgesetzt werden kann.

Dieses Projekt wird vom Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e.V. gefördert, aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. Wir bedanken uns ganz herzlich auch beim Heiligenhof Bad Kissingen für das Zurverfügungstellen der Räumlichkeiten und besonders bei Werner Gustav Binder (Gusti) für die hervorragende Betreuung an diesem Wochenende.

Marc-Alexander Krafft

Erstmalige Veröffentlichung bei: siebenbuerger.de